Einfühlsam und scharfsinnig - Ana Luísa Amarals Poesie der Details
"Was ist ein Name?", fragt Ana Luísa Amaral, die beliebteste Lyrikerin Portugals und eine der großen Dichterinnen unserer Zeit. In einer klarsichtigen Sprache, die in der Tradition von Dickinson und Szymborska steht, leistet sie ihren Offenbarungseid: Worte können nichts festhalten, außer der Flüchtigkeit der Dinge. "Ich bin eine Frau von gar nichts / nicht einmal Besitzerin meiner selbst", beschreibt sie sich in einem Gedicht. Amarals Poesie spürt in den kleinsten Episoden des Alltags - ob es um eine zerquetschte Mücke geht oder um eine Schüssel, die zerbricht -, der traumhaften Essenz des Lebens nach, jenem Nichts, das im Klangraum der Worte sich schließlich in Fülle umkehrt.

Ana Luísa Amaral, 1956 in Porto geboren und 2022 ebenda gestorben, hat in Lissabon Anglistik studiert und über Emily Dickinson promoviert. Sie unterrichtete Englische Literatur an der Universität von Porto. 1990 debütierte sie als Lyrikerin und veröffentlichte zahlreiche Gedichtbände. Für ihr in mehrere Sprachen übersetztes lyrisches Werk wurde sie mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Bei Hanser erschien zuletzt Was ist ein Name (Lyrik Kabinett, 2021).